Haushaltsrede zum Haushalt 2015 des Kreis Siegen-Wittgenstein

Ullrich Georgi, Kreistag

Beim ersten Blick auf das Deckblatt des Entwurfs der Haushaltssatzung für 2015 habe ich spontan gedacht: Es gibt auch im Kreishaus noch Menschen mit einem Sinn für hintergründigen Humor. Denn die Kompassnadel auf dem Deckblatt steht, wenn ich das richtig sehe, zwischen N und E – also zwischen Not und Elend und dasbeschreibt die Situation in der wir uns befinden eigentlich ganz treffend.

Der Landrat hat in einem Pressegespräch erklärt, dass der Haushalt 2015 noch nicht„seine Handschrift“ erkennen lasse. Kein Wunder: wer seine Hände so tief in der Ausgleichsrücklage stecken hat, kann nicht auch noch ordentlich schreiben.

Eine „persönliche Botschaft“ sollte aber mit dem vorgelegten, überarbeiteten Entwurf der Haushaltssatzung doch verbunden werden und die sieht so aus, dass das Haushaltsdefizit von zunächst rd. 5 Millionen Euro auf fast 9 Millionen Euro ansteigenwird. Nun werden ja zu Weihnachten traditionell Geschenke verteilt, aber die jetzt fast 9 Millionen, die sie an die Städte und Gemeinden verschenken wollen, werden dort nur weitere Begehrlichkeiten wecken, zur Lösung der Probleme in den kommunalen Haushalten leisten sie allenfalls einen geringen Beitrag.

Wir haben schon in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass ohne eine grundlegende Änderung des Systems der Verteilung der Staatsfinanzen zwischen Bund, Ländern und Kommunen sich die Probleme bei den letztgenannten nicht werden lösen lassen. Trotz der sog. „Zwischenmilliarde“, die der Bund ab 2015 rausrücken wird, sehen wir noch keine wirkliche Bereitschaft, die kommunale Familie in die Lage zu versetzen, die ihr obliegenden Aufgaben ohne die Aufnahme weiterer Schulden erfüllen zu können.

In der Sachdarstellung zur Stellungnahme der Bürgermeisterin/Bürgermeister zum Entwurf der Haushaltssatzung wird u.a. ausgeführt (ich zitiere): „Eine durch die Gemeinden vorgeschlagene erhöhte Entnahme aus der Ausgleichsrücklage stellt ausSicht des Kreises keine nachhaltige Maßnahme dar; es werden damit keine strukturellen Erfolge erzielt, sondern lediglich die aktuellen Lasten in die Zukunft verschoben“. Völlig richtig! Da fragt man sich allerdings, warum dann der Hebesatz der Allgemeinen Kreisumlage von zunächst 40,5%-Punkten auf 39,5%-Punkte abgesenkt werden soll. Wir werden ihnen bei diesem Schritt nicht folgen können.Bei der Differenzierten Kreisumlage ist den Städten und Gemeinden in den letzten Jahren zu viel „abgeknöpft“ worden. Wir sind mit ihnen der Auffassung, dass dieser Zustand beendet werden sollte. Jetzt aber genau ins Gegenteil zu verfallen, für die Erfüllung der Aufgaben im Bereich der Jugendhilfe eine erkennbar zu niedrige Umlagehöhe festzusetzen, kann nicht die richtige Vorgehensweise sein. Zwischen den ursprünglich vorgesehenen 18,72%-Punkten und den jetzt dargestellten 16,23%-Punkten wäre nach unserer Auffassung ein Mittelweg – etwa in Höhe von 17,5% - die bessere Alternative gewesen.

Bis zum Jahr 2013 ist der Kreishaushalt durch die Gewinnausschüttungen der Betriebs-Beteiligungs-Gesellschaft (BBG) spürbar entlastet worden. Infolge der wirtschaftlichen Probleme bei RWE und dem daraus resultierenden Absinken der Dividendenausschüttung aus dem RWE-Aktienpaket hat sich die Gewinnabführung aus der BBG von über 5 Millionen im Jahr 2013 auf jetzt 1,45 Millionen verringert.

Jetzt tritt deutlicher als früher zu Tage, dass im Rahmen der der BBG angehörenden Unternehmen nicht nur Überschüsse erzielt werden, sondern dabei auch solche sind,deren Defizite abgedeckt wurden und werden.

Zum Siegerlandflughafen haben wir einen Antrag formuliert der dazu führen soll, dass wir uns ernsthaft mit diesem Thema befassen und dies nicht länger vor uns herschieben können. Andere Anträge zu diesem Thema weisen ja in eine ähnliche Richtung, so dass wir hoffen, dass sich da etwas bewegen wird. Eine Fortführung des Geschäftsmodells des Flughafens wird nach unserer Auffassung nur möglich sein, wenn sich auch andere (z. B. das Land NRW, angrenzende Bundesländer bzw.Landkreise, die Nutzer des Flughafens) an der Übernahme der Defizite beteiligen.

Vor wenigen Tagen hat die Landesregierung mitgeteilt, dass sich das Land mit 60% an den Personalkosten für die Schulsozialarbeit im Kreis beteiligen wird – jedenfalls für die 13 Stellen, die bisher aus Mitteln des Bildungs-und Teilhabepakets finanziert wurden. Prima! Aber ich erinnere mich aus der Schulzeit an die Geschichte von den alten Römern, die Angst vor Besuchen ihrer Nachbarn hatten, selbst wenn diese Geschenke im Gepäck hatten. Denn das „Geschenk“ des Landes bedeutet ja, dass diejenigen, die davon Gebrauch machen wollen, 40% der Kosten selbst aufbringen müssen. Und das bei einer Aufgabe, die zu Recht als wichtig und notwendig betrachtet wird. Es ist für uns auch nicht einsichtig, dass die Schulsozialarbeit allein aus dem Sozialetat finanziert werden soll, denn mindestens ebenso wichtig ist dabei doch der pädagogische Aspekt und im Bereich der Bildungsausgaben ist auch NRW durch die Übernahme der BAFöG-Kosten durch den Bund deutlich entlastet worden. Da sollten diejenigen unter uns, die über engere Beziehungen zu den Landtags-fraktionen verfügen, mal aktiv werden. Dennoch ist es richtig und wichtigfür die Fortführung der Schulsozialarbeit jetzt die Weichen zu stellen und wir werden dem entsprechenden Antrag der SPD-Fraktion nachher auch zustimmen.

Wir werden nach unserer Auffassung auch nicht umhin kommen, wenn denn die gesetzlichen Grundlagen dafür vorliegen, die Wiedereinführung der Jagdsteuer zu betreiben und sei es auch nur, um damit die fehlenden Mittel für die Schulsozialarbeitzu gewinnen.

Den Anträgen zum Thema „Südwestfälische Philharmonie“ werden wir nicht folgen, da die Verknüpfung der Vorlage konzeptioneller Überlegungen zur Zukunft des Orchesters nach unserer Auffassung nicht mit dem Damoklesschwert der Verweigerung der notwendigen Mittel für das Geschäftsjahr 2015 verbunden werden darf. Überlegungen, die fehlenden Mittel wegen der derzeit niedrigen Zinsen auf demKapitalmarkt – und der dadurch geringer als erwartet ausfallenden Zuwendungen aus dem Stiftungsvermögen – durch Gehaltsverzichte der Musikerinnen und Musiker zu kompensieren, werden auch künftig von uns vehement abgelehnt werden.

Zum Stellenplan werden wir uns diesmal hoffentlich nicht den Unmut des Personalrats zuziehen da ja für 2015 ohnehin keine Ausweitung der Personalstellen vorgesehen ist. Ihre kritische Haltung zum Beschluss des Kreistages zum Haushalt 2014 – lieber Herr Bohn - kann ich ja verstehen, aber die Art ihrer Stellungnahme dazu nicht. Da wo ich ursprünglich herkomme sagt man in einem solchen Fall „der Ton macht die Musike“. Daran sollten sie auch bei einer streitigen Debatte denken.

Wir gehen davon aus, dass sich die Erwartung, dass aus der Übernahme von Beschäftigten aus der Rettungsleitstelle und dem Jobcenter tatsächlich keine Mehrkosten ergeben werden, erfüllen wird. Dies gilt natürlich auch für die geplante Gründung einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Migranten im Kreisgebiet.

Nichtsdestotrotz werden wir die Haushaltssatzung 2015 ablehnen, weil wir der Festsetzung der Hebesätze für die Allgemeine und die Differenzierte Kreisumlage aus den dargelegten Gründen nicht folgen können.

Wir registrieren mit Freude und Anerkennung, dass im Kreistag ein neues Klima der Zusammenarbeit festzustellen ist und hoffen, dass dieser Aspekt trotz der Unterschiede in Sachfragen auch weiterhin zum Tragen kommen wird.

Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kreisverwaltung im vergangenen Jahr und wünschen Ihnen allen eine frohe Adventszeit, besinnliche Feiertage und einen „gutenRutsch“ in ein hoffentlich erfolgreiches Jahr 2015.