Offener Brief an den Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein

Ullrich Georgi

 

Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein
Herrn Paul Breuer
Koblenzer Str. 73

57072 Siegen

Polizeiübergriff

 

Sehr geehrter Herr Breuer,

am Mittwoch, dem 14. November 2012 hat in der Siegener Bahnhofstraße (gegenüber ZOB) eine angemeldete Kundgebung zur Unterstützung der Streikbewegungen gegen die unsozialen Kürzungs- und Sparprogramme in einigen südeuropäischen Ländern stattgefunden. Im Rahmen dieser Kundgebung haben zahlreiche Mitglieder aus unterschiedlichen Gruppen und Parteien Flugblätter an die Passanten verteilt, um auf die mit der Kundgebung angesprochenen Probleme hinzuweisen.

Eine Passantin hat sich – offenbar wegen des Inhalts des Flugblatts – durch die Verteilaktion belästigt gefühlt und sich an einen der dort eingesetzten Polizeibeamten gewandt. Dieser hat ein Mitglied der Partei DIE LINKE  daraufhin angesprochen und diesen für den nächsten Tag gebeten, zu einer Anhörung in die Polizeidienststelle in Siegen-Weidenau zu kommen. Da es sich bei dem Parteimitglied um einen noch jungen und in diesen Dingen unerfahrenen Genossen  handelt, hat er sich diesem Ansinnen gefügt und ist auf der Polizeidienststelle erschienen. Obwohl keine Anzeige vorlag, wurden  seine Personalien aufgenommen , er nach einigen mahnenden Worten aber wieder verabschiedet.

Als Sprecher des Kreisverbandes DIE LINKE Siegen-Wittgenstein protestiere ich hiermit energisch gegen die völlig ungesetzliche Vorgehensweise des betreffenden Polizeibeamten. Bei einer angemeldeten und genehmigten Kundgebung oder Demonstration hat niemand das Recht, die Personalien von Beteiligten  festzustellen noch diese zu einer polizeilichen Anhörung „zu bitten“ sofern keine Anzeige oder der Verdacht auf strafbare Handlungen vorliegt. Bei dem geschilderten Vorgang handelt es sich offenkundig um einen Einschüchterungsversuch, um einen jungen Menschen von der Wahrnehmung seiner grundgesetzlich geschützten Rechte abzuhalten.

Ich fordere Sie dringend auf, in der Siegener Polizei auf die strikte Einhaltung der grundgesetzlich geschützten Meinungs- und Versammlungsfreiheit hinzuwirken und dafür zu sorgen, dass die von dem jungen Mann erfassten Personendaten aus allen  Verzeichnissen und Dateien gelöscht werden.
Es zeigt sich auch an diesem Beispiel, wie wichtig eine Personenerkennung auch bei Polizeibeamten ist, damit entsprechende Beschwerden dem betroffenen Beamten unmittelbar zugeordnet werden können. Da  zum Zeitpunkt der Kundgebung nur eine überschaubare Zahl von Polizeibeamten dort anwesend  war, sollte es dennoch nicht schwierig sein, den für diesen Übergriff verantwortlichen Beamten zu ermitteln.

Mit freundlichen Grüßen

Ullrich Georgi
Sprecher des Kreisverbandes

PS. Ich werde mir erlauben, den Inhalt dieses Schreibens auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.