Politik nach Gutsherrenart

Fraktion Kreistag

Unmittelbar vor Beginn der Haushaltsberatungen im Dezember 2009 sind erstmals Hinweise auf Fehlbeträge im Kreishaushalt in einer vertraulichen, interfraktionellen Besprechung mit dem Landrat gegeben worden. Da seinerzeit die finanziellen Auswirkungen noch nicht überblickt werden konnten, hat der Landrat das Rechnungsprüfungsamt des Kreises mit einer Sonderprüfung beauftragt.

Über Schlussfolgerungen aus dem Geschehen und die Zuweisung von Verantwortlichkeiten innerhalb der Verwaltung sollte erst nach dem Vorliegen des Berichts gesprochen werden. Der Bericht ist dann in einer Kurzfassung am 9.3.2010 wieder in einem vertraulichen interfraktionellen Gespräch vorgestellt worden. Dabei wurde vereinbart, in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses  und des Kreistages den Bericht jeweils im nichtöffentlichen Teil zu beraten (JHA) bzw. zur Kenntnis zu nehmen (Kreistag). Eine intensive Erörterung sollte dann der nächsten Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vorbehalten bleiben.

In einem Zeitungsbericht am vergangenen Samstag ist  dann allerdings  aus dem – vertraulichen – Bericht zitiert worden und der Landrat und der Vorsitzende der CDU-Fraktion sind mit entsprechenden Stellungnahmen  zu Wort gekommen. Mit den Presseberichten vom heutigen Tage wird nun deutlich, wer die vereinbarte Vertraulichkeit gebrochen und ohne Not Mitarbeiter der Kreisverwaltung in ein schiefes Licht gebracht hat. Dabei steht bis heute noch nicht endgültig fest, wie hoch der finanzielle Schaden ist, der durch die Versäumnisse im Bereich des Jugendamtes des Kreises entstanden ist. Ebenso wenig steht fest, wer dafür die Verantwortung trägt, wenn denn die Verantwortlichkeit überhaupt auf eine Person abgewälzt werden kann.

Wenn der Landrat jetzt personelle Konsequenzen ankündigt und mitteilen lässt, dass neue Planstellen eingerichtet werden sollen, dann wird verschwiegen, dass es sich bei den Stellen um solche handelt, die seit längerem wegen langfristiger Erkrankungen oder wegen Todesfällen vakant sind, wobei auch diese Vakanzen mit in die Bewertung des gesamten Vorganges einbezogen werden müssten. Wenn über längere Zeit zentrale Positionen in einer Verwaltung nicht besetzt sind, fällt dies in den Verantwortungsbereich der zuständigen Leitungsebene, hier des Dezernenten und des Landrates. Dass beide im letzten Sommer intensiv mit Wahlkampfaktivitäten beschäftigt waren,  mag manches  erklären, entschuldigen aber nicht.

Was an dem Vorgang aber vor allem bedenklich stimmt, ist der Umgang mit den politischen Gremien des Kreises. Dem Rechnungsprüfungsausschuss ist mit dem – offenbar bewussten – Gang an die Öffentlichkeit die Grundlage für seine Arbeit in diesem Fall entzogen worden und  der Jugendhilfeausschuss wird wieder einmal nur zum Abnicken längst getroffener Entscheidungen benötigt. Und da wundern wir uns über eine zunehmende Politikverdrossenheit.