Antrag: Lebensmitteloffensive jetzt!

DIE LINKE. Kreistagsfraktion Siegen-Wittgenstein

Antrag zur Sache gemäß § 8, Abs. 1 GO KT zur Beratung für den Kreisausschuss und Kreistag am 10.06.2022.

 

Sehr geehrter Herr Landrat Müller,

die Fraktion DIE LINKE im Kreistag Siegen-Wittgenstein bittet Sie den folgenden Antrag in die Tagesordnung des Kreisausschusses und des Kreistages aufzunehmen:

Beschlussvorschlag:

Der Kreisausschuss empfiehlt,

der Kreistag beschließt

1. effektive Strukturen innerhalb der Kreisverwaltung zu schaffen, um mit entsprechenden Akteuren vor Ort, Konzepte zu entwickeln, Lebensmittel schnell und unkompliziert an bedürftige Mitbürger*innen in unserem Kreisgebiet in ausreichenden Mengen zur Verfügung stellen zu können.

2. die Einrichtung eines Arbeitskreises mit der Kreisverwaltung, um mit Aktivist*innen der Lebensmittelrettung und Lebensmittelumverteilung aus dem Kreisgebiet zusammen Lösungskonzepte zu erarbeiten, um a) Akteure vor Ort zu unterstützen und b) Betroffene schnell und unbürokratisch Hilfen zukommen zu lassen. Mögliche Fragestellungen für den Arbeitskreis könnten hier sein:

  • Wo sind noch Ressourcen, die unentdeckt sind?
  • Wie können mögliche bürokratische Hindernisse unkompliziert beseitigt werden und Lebensmittel schnell und unkompliziert Betroffene im Kreisgebiet erreichen?
  • Was brauchen die Organisationen, um Lebensmittelrettung und Lebensmittelverteilung zu verbessern?

Des Weiteren sollen Supermärkte mit behördlichen Kooperationsangeboten ermutigt werden, genieß- und verzehrbare Lebensmittel nicht wegzuwerfen, sondern – am besten über die sog. „Non-profit“-Idee an bedürftige Mitbürger*innen direkt zu verteilen,

3. die Überprüfung der Machbarkeit, sog. „Fairteiler“-Stationen und Saatgutverteilern in öffentlichen Gebäuden schnell einzurichten (Beispiel: Tübinger Rathaus),

4. Zeitnah in einem entsprechenden Ausschuss Aktivist*innen der Lebensmittelrettung (z. B. von Foodsharing) vor Ort einzuladen, um einen Überblick über Strukturen und Konzepte im Kreisgebiet zu geben.

Sachdarstellung:

Nicht erst seit dem Ukraine-Krieg arbeiten die Mitarbeiter*innen von öffentlichen Lebensmittelausgabestellen auch in unserem Kreis am Limit und bitten vielerorts über die mediale Öffentlichkeit um dringend benötigte Unterstützungsangebote.1 Diese Hilferufe werden leider oft gar nicht von den Städten und Kommunen gehört. Viele Akteure, u. a. auch die Siegener Tafel beklagen, dass sie sich von Stadt und Kreis im Stich gelassen fühlen, die Lebensmittelspenden von Unternehmen und Gastronomie deutlich weniger geworden sind, und das bei einem enorm angestiegenen Bedarf.2

Neben der Tafel gibt es zahlreiche Initiativen im Kreis zur Lebensmittelrettung und Lebensmittelumverteilung. Hier sollten, ausgehend vom Kreis, Vernetzungsangebote geschaffen und Bedarfe abgefragt werden, um dann seitens der Politik und Verwaltung Hilfsangebote und Unterstützung auszubauen. Ist es nicht die Aufgabe staatlicher und kommunaler Verwaltungen, die vielerorts sichtbare Not unserer Mitbürger*innen zu mindern oder gar zu beseitigen?

Natürlich sind auch den Städten und Kommunen vielerorts v. a. finanziell die Hände gebunden, um überhaupt Hilfe(n) anbieten zu können. Das wissen wir. Aber haben staatliche und kommunale Einrichtungen nicht vor allem in Krisenzeiten die Pflicht, dort Hilfsangebote zu schaffen, wo sie gebraucht werden? Leider geschieht dies nicht oder nur unzureichend, wie Berichte von Tafeln aus ganz Deutschland offen darlegen. Die letzten zweieinhalb Jahre sind geprägt durch die Corona-Pandemie und jetzt kommt noch der Ukraine-Krieg hinzu. Die Arbeit, v. a. der Ehrenamtlichen auf vielen Gebieten, wird nicht weniger – im Gegenteil. Aber ohne die meistens ehrenamtlich geleistete Arbeit gäbe es noch weniger Hilfsangebote für die Menschen in unserem Land, die auf Hilfe(n) angewiesen sind. Das Ehrenamt leistet unentbehrliche und äußerst wichtige Arbeit, auf die sich die Stadt und Kreisverwaltung aber meistens verlässt.

Auch in unserem Kreis werden noch große Kraftanstrengungen nötig sein. Schon in unserer Resolution „Bund und Land müssen die Kommunen bei der kommunalen Daseinsvorsorge finanziell stärker unterstützen“3 (Vorlage 97/2020) im Kreistag am 19.06.2020 haben wir darauf hingewiesen, wie wichtig die v. a. finanzielle Unterstützung der kommunalen Daseinsvorsorge in unserem Kreis ist. Die Resolution wurde seinerzeit vom Kreistag angenommen. Aber mit der Annahme ist es bei Weitem nicht getan. Wir möchten den Landrat noch einmal an unsere Forderung erinnern, dass der Landrat und die Kreisverwaltung alles in ihrer Macht Stehende tun, also ihre „Handlungsspielräume“ schnell und unbürokratisch nutzen, um Akteure und Betroffene vor Ort „spürbar zu entlasten“4. Es ist bereits jetzt zehn nach zwölf und die Menschen können nicht länger auf Hilfen warten. Jetzt ist schnelles, soziales und solidarisches Handeln gefragt!

Mit freundlichen Grüßen

Ullrich Georgi
Fraktionsvorsitzender

Ingo Langenbach
Fraktionsgeschäftsführer

 

1 Artikel in der Siegener Zeitung vom 11.05.2022

2 Vgl. Bericht der Tafeln Deutschland: 220428_Tafel_Corona_Info_I.indd (abgerufen am 22.05.2022)

3 Quelle: Antrag 97/2020 zur Vorlage 97/2020 (kdz-ws.net), (abgerufen am 22.05.2022)

4 Vgl. Resolution: Bund und Land müssen die Kommunen bei der kommunalen Daseinsvorsorge finanziell

stärker unterstützen: DIE LINKE. Kreisverband Siegen-Wittgenstein (www.die-linke-siegen-wittgenstein.de)  (abgerufen am 22.05.2022)