Haushaltsrede zum Haushalt 2010 der Stadt Netphen

Ekkard Büdenbender, Netphen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister

Sehr geehrte Damen und Herren vom Rat, der Verwaltung und der Presse

Ich möchte mich in meinem ersten Jahr im Rat der Stadt Netphen bei der Erörterung des Haushaltsplanes erst gar nicht in den Details verlieren.Denn ganz ehrlich, was nützt uns die Diskussion über die Inneneinrichtung, wenn wir wissen, dass das ganze Haus kurz vor dem Einsturz steht?

Obwohl Netphen im Vergleich zu vielen anderen Kommunen in Nordrheinwestfalen noch relativ gut da steht, verzeichnet der Haushaltsentwurf einen Fehlbetrag von rund 9 Millionen Euro.Wir wissen, dass die Zahlen, die uns die Verwaltung für dieses und die nächsten Jahre vorgelegt hat, dabei noch als optimistisch betrachtet werden dürfen. Dennoch gehen sie nicht davon aus, dass wir den aktuellen Fehlbetrag in den nächsten Jahren ausgleichen können, im Gegenteil, die Talfahrt wird anhalten, wenn auch mit geringerem Tempo.

Doch wer heute Schulden macht, ohne zu wissen, wann er sie wie zurückzahlen kann, riskiert wissentlich den finanziellen Bankrott, ein Schicksal, dass viele Städte bereits erlitten haben.

Doch wer Hilfe suchend zur Landes- und Bundesregierung schaut, beobachtet Politiker, die zwar Banken für systemrelevant halten und mit nicht vorhandenen Milliarden vor dem Zusammenbruch bewahren, mittlerweile sogar das Hotelgewerbe für subventionswürdig halten, doch für die Kommunen nur Durchhalteparolen übrig haben.

Im Land der Dichter und Denker wird Bildung zur Privatangelegenheit erklärt, und Gesundheit und Menschenwürdige dem Geldbeutel überlassen. Die sozialen Sicherungssysteme werden auf ein Niveau zurückgefahren, das der als Erzkanzler und Reaktionär bezeichneten Bismarck als gefährlich für den inneren Frieden bezeichnet hätte.

Ich habe mich früher immer gefragt, wie Hochkulturen wie Persien oder Ägypten innerhalb weniger Generationen zusammenbrechen konnten.Wie aus ihrem enormen Wissen zuerst eine Erinnerung und dann letztendlich ein Vergessen werden konnte.Heute schauen wir dabei zu, wie - nicht nur in NRW - eine Kommune nach der anderen aus finanziellen Gründen vom Level der Hochkultur auf das Level des Erinnerns umschalten muss. Ein Erinnern daran, dass es gesellschaftliche Bereiche gibt, an denen man niemals sparen sollte, ein Erinnern daran, was man im Bereich der Kindergärten und Schulen alles vorhatte,was medizinisch alles möglich wäre, dass alt werden, etwas Schönes hätte sein können, was man alles hätte erreichen können, wenn einem das Geld nicht ausgegangen wäre.

Wir beobachten Politiker, die den Schwarzen Peter im Spiel der Macht und der Finanzen vom Bund über die Länder und Kreise zu den Kommunen weiterreichen, von oben nach unten. Und jetzt halten wir den Schwarzen Peter hier in unseren Händen.

Und die Spielregeln erwarten von uns, dass wir ihn weiterreichen, noch weiter nach unten.Nachdem man bei der Unterschicht, dem Präkariat kaum noch etwas holen kann, soll jetzt die Mittelschicht zahlen.

Mit der Straßenreinigungsgebühr, mit dem Anheben der Grundsteuer, sollen wir den Haushalt sanieren. Wir könnten auch noch die Hundesteuer erhöhen, dabei vielleicht auch mal an die Katzen denken. Dass der öffentliche Dienst gerne gewisse tarifliche Verbesserungen hätte, das verdrängen wir die nächsten Jahre auch mal lieber und erklären stattdessen alle Forderungen als unzeitgemäß und unverschämt.

Glaubt hier wirklich jemand, so könnte man 9 Millionen Euro ergaunern, zum Wohle unserer Stadt?Sollen wir den Schwarzen Peter allen Ernstes einfach weiterreichen, obwohl wir alle wissen, dass es ein Fehler wäre?

Ich schlage vor, dass wir den Schwarzen Peter dieses Mal nach oben zurückgeben, denn wir können das Problem hier nicht lösen, wir können hier diese Probleme nur verschieben und dadurch langfristig verstärken.

Ich beantrage daher, die Verwaltung zu beauftragen, die Kreisumlage nur in der Höhe zu zahlen, die einen ausgeglichenen Haushalt ermöglicht.

Die Probleme, vor denen die Kommunen stehen, können nicht in den Kommunen gelöst werden, sie müssen auf anderer Ebene geklärt werden.Doch solange wir weiter mitspielen wie bisher, wird sich nichts ändern.

Wir haben letztes Jahr einen Eid geleistet, unsere Pflichten zum Wohle der Stadt zu erfüllen, wir dürfen keiner Verschuldung zustimmen, die wir nicht mehr zurückzahlen können.

Also lasst uns diesmal das Volk vertreten und nicht verraten.

Ekkard Büdenbender

Für die Linke in Netphen