„Nachsitzen“ für den Haushalt des Kreises

Ullrich Georgi / DIE LINKE. Kreistagsfraktion Siegen-Wittgenstein

Man sieht uns (Katrin Fey und Ullrich Georgi, den beiden Kreistagsmitgliedern von DIE LINKE) die Freude über die Rückkehr an die „alte Sitzungsstätte“ im Rathaus Geisweid förmlich an, denn die Corona-Ausweichplätze waren doch irgendwie ungemütlich.

Da der Versuch, den Stellenplan und den Kreishaushalt für 2023 auf der Sitzung des Kreistages am 17.12.2022 zu verabschieden, gescheitert war, musste der Kreistag am 10.02. „nachsitzen“. Ein Grund für die Aufkündigung der Zusammenarbeit von CDU und SPD im Vorfeld der Haushaltsberatungen, war wohl, dass die SPD noch kurzfristig haushaltswirksame Anträge eingebracht hatte, ohne diese mit dem Kooperationspartner abzustimmen – da war die sichere Mehrheit nicht mehr gegeben.

Am 10.02. ist dann dem Stellenplan mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und von uns mit knapper Mehrheit zugestimmt worden. Für uns war die Neuschaffung von insgesamt 14 Stellen nachvollziehbar begründet und teils auch erst im September 2022 vom Kreistag beschlossen worden. Wir handeln eben nicht nach der Devise „was schert mich mein Geschwätzt von gestern“.

Nachdem die Kuh „Stellenplan“ erstmal vom Eis war, ging die jährliche Diskussion um den Hebesatz* für die sog. „Allgemeine Kreisumlage“ richtig los. Im Haushaltsplanentwurf waren Landrat und Kämmerer von einem Hebesatz von 35,3% ausgegangen, wobei selbst bei diesem Hebesatz ein Defizit im Haushalt von über 19 Mio Euro entstanden wäre. Dieses Defizit sollte dann über den Rückgriff auf die sog. „Ausgleichsrücklage“ gedeckt werden, so dass in der mal ursprünglich 53 Mio Euro umfassenden Ausgleichsrücklage, nur mehr ein Rest von 5 Mio Euro verblieben wäre.

Wir haben in der Aussprache darauf hingewiesen, dass man auch an die kommenden Jahre denken müsse und daher der Griff in die Ausgleichsrücklage so gering wie möglich ausfallen sollte. In den Diskussionsbeiträgen aus den anderen Fraktionen war schon zu hören, dass die sog. „Freiwilligen Leistungen“, also solche, die nicht durch bundes- oder landesrechtliche Vorgaben verbindlich erledigt werden müssen, allesamt zur Disposition gestellt werden sollen. Da stehen dann Zuwendungen für kulturelle Veranstaltungen und Initiativen, für die Sportförderung, die Mobilitätscard und das Schülerticket – um nur einige Beispiele zu nennen – auf der Streichliste – mit uns wird das nicht zu machen sein.

Zum Haushalt 2023 hat sich die Mehrheit letztlich auf einen Hebesatz* der Allgemeinen Kreisumlage von 34,7% geeinigt, wir waren die einzige Fraktion die dagegen gestimmt hat. Statt Kreise, Städte und Gemeinden mit ausreichenden finanziellen Mitteln zu versorgen, hat das Land NRW in die Trickkiste gegriffen und erlaubt, dass Kosten, die im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine entstanden sind, aus der Bilanz heraus „isoliert“ werden dürfen und erst ab 2026 getilgt werden müssen. Im Isoliertopf des Kreises befinden sich jetzt schon etliche Millionen und am 10.02. sind nochmal 7,2 Mio Euro dazugekommen – nachhaltige Finanzwirtschaft sieht für uns anders aus.

Wir hatten noch einen Antrag eingebracht, die 250.000 Euro, die für die Weiterfinanzierung des sog. „1.000 Dächer-Programms“ vorgesehen waren, an dieser Stelle zu streichen und diese Gelder dem Topf „ÖPNV“ zu zuführen. Mit den zum 1.1.2023 in Kraft getretenen Veränderungen bei der Finanzierung von Photovoltaikanlagen (u.a. Wegfall der Mehrwertsteuer) sind Menschen, die eine PV-Anlage installieren lassen wollen, auf die 1.000 Euro aus dem Kreishaushalt nun wirklich nicht mehr angewiesen.

Noch sind die Folgen für den ÖPNV mit der geplanten Einführung eines 49 Euro-Tickets nicht absehbar und da wäre es nach unserer Auffassung richtig gewesen, für das „Mobilitätscard“ genannte Sozialticket  (kostet 29 Euro) eine Angleichung an das 49 Euro-Ticket vorzunehmen und dafür ein finanzielles Polster anzulegen. Leider fand unser Antrag keine Mehrheit - einige glauben offenbar immer noch, dass wir uns auch überflüssige Geschenke leisten können.

 

* Kreise können in NRW praktisch keine eigenen Einnahmen erzielen. Sie sind zur Finanzierung ihrer Aufgaben auf Zuwendungen des Landes und die über einen sog. Hebesatz definierten Zuwendungen aus den kreisangehörigen Städten und Gemeinden angewiesen, die ihrerseits auch nicht gerade auf Rosen gebettet sind was ihre Finanzen angeht. Da ist Streit quasi vorprogrammiert.