Ungewissheit über zu teuren Wohnraum
In der Anfrage der Kreistagsfraktion DIE LINKE. wollte die Fraktion wissen, wieviel Wohnungen zwischen den Jahren 2020-2024 als „nicht angemessen“ bewertet wurden. Grund für diese konkrete Nachfrage sind zunehmende Meldungen an DIE LINKE zu Kostensenkungsverfahren und Aufforderungen, sich günstigeren Wohnraum zu suchen, also Umzug, der natürlich für Betroffene mit Aufwand und Kosten verbunden ist. Das Jobcenter des Kreises führt hierzu allerdings keine Statistik, so dass völlig unklar bleibt, wie sich die Inflation und die allgemeine Kostensteigerung auf die Ärmsten auswirkt. Auch wie häufig in der Einzelfallprüfung auf Umzugsforderungen aufgrund von Unzumutbarkeit (wie Alleinerziehend, Schwangerschaft etc.) verzichtet wird, ist somit nicht ersichtlich.
Insbesondere der Bericht in der SZ vom 28.3.2024 über eine alleinerziehende Mutter mit ihrem autistischen Jungen, der Wohnungsverlust droht, zeigt, dass der behördliche Spielraum scheinbar ungeachtet einer offensichtlichen Notsituation nicht genutzt wird im Sinne von Inklusion und Menschlichkeit. Der Hinweis des Jobcenters, dass genügend Wohnraum zur Verfügung steht, scheint anhand der Wohnraumknappheit unzutreffend, zumal besonders in diesem Fall, das gewohnte Lebensumfeld wichtig für die kleine Familie ist.
Dass es keinerlei Zahlen zu Kostensenkungsverfahren und deren Ursache gibt, ist für uns grobe Fahrlässigkeit. Es gibt weder aktuelle noch Vergleichszahlen aus den letzten Jahren und somit bleibt die Not von Betroffenen im Dunkeln.
Auszug aus der Anfrage:
Sachstand:
In der Siegener Zeitung vom 28.3. erschien ein Artikel, in dem das Jobcenter Siegen-Wittgenstein mit den Worten „Dem JC Siegen-Wittgenstein ist nicht bekannt, dass Wohnraum im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen nicht zur Verfügung steht“ zitiert wird. Gleichzeitig erfährt Die Linke zunehmend von Prüfungen bzgl. der KdU. Offensichtlich liegt dies an der Beendigung der Karenzregelung, die seit März 2020 wegen der Pandemie und seit 2023 wegen des Bürgergelds galt. Leistungsempfänger*innen werden derzeit offensiv zur Kostensenkung aufgefordert.[1]
Die Anspruchsberechtigten kommen aus verschiedenen Rechtskreisen, sind aber alle auf Wohnraum im unteren Preissegment angewiesen. Genau dieser Markt ist allerdings auch von Geringverdiener*innen ohne Leistungsbezug hart umkämpft.
Viele Kaltmieten sind in den letzten Jahren stark gestiegen, aber die Angemessenheitsgrenzen steigen nicht gleichermaßen an. Mieter*innen geraten hier schuldlos in schwierige oder gar existenzbedrohende Situationen.
Um einen Überblick über politischen Handlungsbedarf und Notwendigkeiten im Bereich Wohnungsmarkt und Kostenübernahme zu bekommen, möchten wir gerne Folgendes wissen:
- Wie sind die Angemessenheitsrichtwerte im Kreis Siegen-Wittgenstein (Wohnraumanspruch/Brutto-Kaltmiete)? Bitte zum Vergleich den aktuellen Mietspiegel der jeweiligen Gebiete anfügen.
- Wie viele Wohnungen wurden zwischen den Jahren 2020-2024 als „nicht angemessen“ qualifiziert und warum? Bitte in Verhältnis zur Gesamtzahl Anspruchsberechtigter stellen.
- Wird in den jeweiligen „Überschreitungen“ eine Einzelfallprüfung standardmäßig durchgeführt?
- Wie verfährt das Jobcenter, wenn Mieten stark ansteigen und so aus der Angemessenheitsgrenze rausfallen? Kann Wohnraum für Anspruchsberechtigte ausreichend zur Verfügung gestellt werden?
- Wie hoch sind die KdU in den letzten 5 Jahren gesamt gewesen und wie schlüsselt sich die Finanzierung und Re-Finanzierung durch den Bund genau auf?
Zur Antwort der Kreisverwaltung
[1]www.gegen-hartz.de/news/buergergeld-jobcenter-versenden-massenhaft-aufforderungsschreiben