Pressemitteilung: Pflegenotstand - DIE LINKE. OV Wittgenstein informiert und spricht mit den BürgerInnen in Bad Laasphe

Thorsten Firscher, OV Wittgenstein

Zum dritten Mal in Folge informierte der Ortsverband Wittgenstein der Partei Die Linke Bürgerinnen und Bürger über die bundesweite Kampagne der Partei gegen den Pflegenotstand in Deutschland. Am vergangenen Sonnabend waren Mitglieder der Linken nun in Bad Laasphe unterwegs, nachdem sie Ende letzten Jahres bereits in Bad Berleburg und Erndtebrück vor Ort waren.

Auch in Bad Laasphe scheint das Thema viele Menschen zu beschäftigen und es entwickelten sich erneut zahlreiche Gespräche über die belastende Situation in den Kliniken, den Altenpflegeheimen und der ambulanten Pflege. Dabei zeigten sich viele durchaus über die schlechte Personalausstattung und die Zeitnot der Pflegekräfte informiert. Entweder, weil sie als Pflegekraft die Situation selber kennen, als Patienten betroffen sind oder Angehörige pflegen. Denn allein in der Krankenpflege fehlen bis zu 100.000 Pflegekräfte, in der Altenpflege sind es 40.000. Alle Pflegekräfte, mit denen wir sprachen, beklagten, dass sie sich abhetzen müssen und dies zulasten der Arbeitsqualität, also der Patienten gehe. Immer wieder werden sie aus dem „Frei“ geholt, um spontan für kranke Kolleginnen einzuspringen, müssen länger arbeiten oder Zusatzaufgaben mit erledigen. Zuhause mal abzuschalten sei kaum möglich. Mit zunehmenden Berufsjahren ruiniere das ihre Gesundheit, so dass sie selber krank werden und ihr Ausfall wiederum durch die Kolleginnen aufgefangen werden müsse. Und das Ganze noch bei unzureichendem Grundgehalt, so dass viele auf die Zulagen aus Nacht- und Feiertagsdiensten existenziell angewiesen seien. Im Grunde bestätigen die Betroffenen damit die Ergebnisse einer Repräsentativbefragung von ver.di und DGB unter Pflegekräften, wonach deren Arbeitsalltag von Zeitmangel und zu hoher Arbeitsverdichtung geprägt ist. Nur 23% der Befragten können sich vorstellen ihre Arbeit bis zur Rente durchzuhalten.

Manche unserer Gesprächspartnerinnen sahen sich daher gezwungen trotz grundsätzlich großer Freude daran ihren Beruf aufzugeben, um sich selber zu schützen. Andere würden es gerne tun, wenn sie eine Alternative hätten. Man stelle sich das vor: dringend benötigte hoch qualifizierte und hoch engagierte Fachkräfte verlassen das Gesundheitssystem, weil sie durch die neoliberale Sparpolitik der letzten Jahrzehnte systematisch zerschlissen wurden und sich nicht mehr anders wehren können. Ein skandalöses Armutszeugnis für die Gesundheitspolitik der verantwortlichen Regierungsparteien in den letzten Jahren! Insofern wunderten wir uns auch nicht über Stimmen, die meinten, das System selbst sei krank und stehe vor dem Kollaps. Zwar unterstützten sie unsere Forderung nach mehr Personal und Geld für die Pflege. Doch reiche das nicht aus. Denn solange Krankenhäuser usw. noch gezwungen seien mit den Krankheiten von Menschen Profit zu machen, könne sich nichts grundlegend ändern. Dem stimmt Die Linke allerdings ausdrücklich zu: Gesundheit darf keine Ware sein!

Auch viele pflegende Angehörige konnten ein Lied von ihrer anspruchsvollen und oft belastenden Pflegearbeit singen, die wie im professionellen Bereich meistens von Frauen geleistet wird. Sie berichteten, dass sie dafür ihre Berufstätigkeit einschränken oder ganz aufgeben mussten. Bei der Umstellung auf Teilzeit sind sie sehr auf verständnisvolle Vorgesetzte angewiesen, ebenso wie bei ihrer Rückkehr in den Beruf nach Jahren anstrengender Pflegearbeit. Dazwischen entstehen Lücken in der Rentenversicherung und viele kämpfen entnervt mit der Pflege-Bürokratie. Alle wünschten sich mehr Entlastungsmöglichkeiten in Form von Kurzzeitpflege, gemeinsamer Reha, gut qualifizierter Pflegehilfe u.a. Die Sprecherin für Pflegepolitik der Bundestagsfraktion Die Linke, Pia Zimmermann, kennt diese schwierige Lage der pflegenden Angehörigen und sagt dazu:

„Wenn 1,5 Millionen Menschen mit der Pflege ihrer Familienmitglieder überfordert sind, stimmt das System nicht. Pflegende Angehörige brauchen eine verlässliche, bedarfsorientierte Unterstützung in ihrem Alltag. Die Bundesregierung ist nach zähen Verhandlungen gerade erst bereit, Wegezeiten und Tariflöhne in der ambulanten Pflege zu refinanzieren. Es fehlen noch immer tausende Kurzzeitpflegeplätze, eine unabhängige Pflegeberatung und qualitativ hochwertige Entlastungsangebote für pflegende Angehörige. Die Linke fordert deshalb Stärkungsgesetze nicht nur für Pflegekräfte, sondern auch für diejenigen, die 24 Stunden am Tag für ihre Angehörigen da sind. Pflege darf nicht krank machen. Pflegende Angehörige brauchen eine deutlich bessere Unterstützung, auch von der Politik.“

Wer mehr über Ursachen und Hintergründe der Missstände in unserem Gesundheitssystem erfahren will, sei abschließend auf eine Veranstaltung zum Thema hingewiesen. Die Ev. Kirchengemeinde Siegen, Ver.di, die Gustav-Heinemann-Friedensgesellschaft Siegen e.V. und die Initiative „Pflege am Boden“ laden zu der Filmvorführung „Der marktgerechte Patient“ ein. Im Anschluss findet eine Podiumsdiskussion mit Fachleuten aus der Region über den Pflegenotstand in unseren Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen statt. Termin ist der 22.01.2019 um 19.00 im Kulturhaus Lÿz (St.-Johann-Str. 18, Siegen).