Haushaltsrede zum Haushalt 2017 des Kreis Siegen-Wittgenstein

Ullrich Georgi, Kreistag

Für meine Fraktion habe ich in den Haushaltsberatungen der vergangenen Jahre immer wieder darauf hingewiesen, dass es notwendig ist, zu einer grundlegenden Neuverteilung der Staatsfinanzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu kommen.

Bislang ist es doch so, dass „den Letzten die Hunde beißen“ und die Letzten sind in diesem Zusammenhang die Städte und Gemeinden und die von ihnen abhängigen „Kostgänger“, sprich: die Kreise, die ja über keine eigenen Einnahmen verfügen.


Ob die Veränderungen, die zwischen Ländern und Bund derzeit in Berlin ausgehandelt werden und die ab 2020 zu einer finanziellen Besserstellung der Länder führen sollen, diesem Anspruch gerecht werden und ob von den 9,75 Milliarden Euro, um die es offenbar geht, auch etwas in den Städten und Gemeinden ankommt: ich glaube das erst, wenn ich es sehe. Die aktuelle Nichtweitergabe von Geldern, die der Bund zur Flüchtlingsbetreuung ausgelobt hat, durch die NRW-Landesregierung lässt da bei uns jedenfalls nicht viel Hoffnung aufkommen.


Für uns – DIE LINKE – ist klar, dass es ohne eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung den Städten und Gemeinden und natürlich auch den Kreisen in Zukunft immer weniger gelingen wird, ihren Beitrag zur Erbringung von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erfüllen. Es wird eher dazukommen, das Schwimmbäder geschlossen, Schulstandorte aufgegeben, Bibliotheken dichtgemacht und Infrastrukturanlagen verrotten. Sonderaktionen wie „Gute Schulen“ sind ja ganz nett und hilfreich, lösen das grundsätzliche Problem der Unterfinanzierung aber nicht.

Die dringend jetzt schon, nicht erst ab 2020 erforderliche bessere finanzielle Grundausstattung von Städten und Gemeinden ist nach unserer Meinung ohne ein höheres Steueraufkommen nicht zu erreichen. Über diese Fragen werden wir uns in den Wahlauseinandersetzungen 2017 trefflich streiten können, deshalb will ich es hier bei diesen wenigen Sätzen dazu belassen.

In den Jahren, die ich überblicken kann, hat der Kreistag die Lücken zwischen den geplanten Einnahmen und den Ausgaben immer dadurch geschlossen, dass der Fehlbetrag durch die Aufnahme neuer Schulden gedeckt wurde –Rückgriff auf die Ausgleichsrücklage klingt zwar besser, trifft die Lage aber weniger präzis.


Für 2015 lag dieser Betrag bei fast 9 Millionen Euro, 2016 werden es rd.5 Millionen und 2017 werden das mindestens 7,7 Millionen sein –falls entsprechende Anträge heute eine Mehrheit finden – sogar eher 10 Millionen. Würde man den Forderungen der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nachkommen und den Hebesatz der Allgemeinen Kreisumlage auf 38,0 % festsetzen, müssten rd. 14 Millionen Euro an neuen Schulden gemacht werden. Aus dem Kreis der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ist der Kämmerer ja mit „Dagobert Duck“ verglichen worden, nur das unserem Kämmerer im Unterschied zu Onkel Dagobert etwas wichtiges fehlt und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auch als „Panzerknackerbande“ im Keller des Kreishauses keinen Tresor finden würden, in dem Kämmerer und Landrat gelegentlich ein Bad nehmen könnten..


Etwas Gutes steckt ja angeblich in fast jedem Ding und für uns liegt das Gute in der Plünderung der Ausgleichsrücklage darin, dass nunmehr das „Ende der Fahnenstange“ in Bezug auf weitere Entnahmen aus der Ausgleichsrücklage bald erreicht ist. Sich auf dem Umweg über den Verkauf der RWE-Aktien noch ein bisschen Luft zu verschaffen, indem die Betriebsbeteiligungsgesellschaft (BBG) in die Lage versetzt wird, wieder Gelder an den Kreis abzuführen, einen solchen Weg werden wir nicht mitgehen und wir gehen mal davon aus, das dass nicht der Beweggrund ist, sich gegebenenfalls von den RWE-Aktien zu verabschieden.


Ein paar wenige Worte zu einzelnen Etatpositionen: Da ist die leidige „Flughafendiskussion“, wo nach unserer Auffassung die entscheidungs­relevanten Fakten auf dem Tisch liegen und was passiert: es wird ein Arbeitskreis gegründet. Zur Mitfinanzierung des Evangelischen Gymnasiums durch den Kreis, zum sog. “Ewigkeitsvertrag“, liegt ein Gutachten vor. Mit unserem Antrag wollen wir die Diskussion zu einem Ergebnis führen und verhindern, dass auch hier die Sache „auf die lange Bank“ geschoben wird. Schlimmstenfalls wird der Kreis per Gerichtsbeschluss gezwungen, weiter in der derzeitigen Größenordnung zu zahlen, was er bei Untätigkeit in der Sache ohnehin tun muss.
Wir unterstützen auch das Vorhaben des Kreises, an drei Kitas im Kreisgebiet durch längere Öffnungszeiten zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Familien-Arbeitszeiten beizutragen und dazu auch Mittel zur Verfügung zu stellen, falls Anträge zum Bundesprogramm „KiTa-Plus“ nicht erfolgreich sein sollten.


Wo –zumindest auf mittelfristige Sicht – Geld gespart werden könnte, nämlich durch den Neubau eines Verwaltungsgebäudes, hat man in der öffentlichen Diskussion bisweilen den Eindruck, es handle sich mindestens um ein Unterfangen in Größenordnung der „Elbphilharmonie“ oder des Flughafenneubaus in Berlin. Mit den derzeit noch zu erreichenden Zinssätzen und der Reduzierung von Mietaufwendungen nach Fertigstellung des Gebäudes ließe sich der Neubau allemal finanzieren, aber den Verweigerern ist offenbar mit guten Argumenten nicht beizukommen: „Postfaktisch“ nennt man das wohl in Neudeutsch.

Zum Hebesatz der Allgemeinen Kreisumlage: Anhand der schon erläuterten Zahlen wäre eigentlich sogar ein noch höherer Prozentsatz als die im Haushaltsplanentwurf genannten 40,29% erforderlich, um auch für die kommenden Jahre zumindest noch einen Restspielraum für den Kreis zu erhalten. Die vorliegenden Änderungsanträge zeigen, dass die Mehrheit des Kreistages gewillt ist, den Hebesatz der Allgem. Kreisumlage auf 39,75% festzusetzen, in der vagen Hoffnung, dass im Jahresverlauf sich herausstellen könnte, das der Kämmerer an der einen oder anderen Stelle zu großzügig gerechnet hat und am Ende vielleicht doch nur 7,7 Millionen Euro aus der Ausgleichrücklage entnommen werden müssen. Wir werden uns erst nach dem Ende der Diskussion zu den Einzelanträgen festlegen, wie wir abstimmen*.

Bei der „Differenzierten Kreisumlage“ sehen wir mit Genugtuung, dass der Kreis für 2017 sogar mit 17,92% einen Betrag ansetzt, der noch unter den 18,05% liegt, den wir schon für 2016 für angemessen gehalten haben.

Auch auf die Gefahr mich zu wiederholen: Die Unterfinanzierung der kommunalen Familie muss umgehend beseitigt werden. Städte, Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände müssen von Bund und Land die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel erhalten und dürfen nicht weiter gezwungen werden „über ihre Verhältnisse“ zu leben. Entsprechende Entscheidungen haben die Bürgerinnen und Bürger im kommenden Jahr zu treffen, wir wünschen ihnen eine glückliche Hand dabei.

Wir bedanken uns für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und die Unterstützung durch den Landrat und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung und auch bei Ihnen verehrte Kolleginnen und Kollegen im Kreistag im zu Ende gehenden Jahr und wünschen Ihnen allen eine frohe Adventszeit, besinnliche Feiertage und einen „guten Rutsch“ in ein erfolgreiches Jahr 2017.

In der Schlussabstimmung haben die beiden Kreistagsmitglieder unserer Fraktion für den Antrag gestimmt, die Allgem. Kreisumlage auf 39,75% festzusetzen, weil bei einer Absenkung auf 39%, wie CDU und FDP gefordert hatten, die Gefahr bestanden hätte, dass z.B. das Schülerticket und das Sozialticket gestrichen oder im Personalhaushalt unseres Erachtens nach unverantwortliche Kürzungen hätten vorgenommen werden müssen.