Ideologische Geisterfahrt

Dirk Jakob / DIE LINKE. KV Siegen-Wittgenstein

Pressemitteilung zum Beitrag „Sanktionsstopp eine "Ohrfeige" für Fleißige“ in der Siegener Zeitung vom 23.05.2022:

Mit seinen ideologiegeprägten Ausführungen schießt der hiesige Interessenvertreter der Kapitalfraktion, Herr Klaas von der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Siegen-Wittgenstein, einmal mehr weit übers Ziel hinaus. Zum Glück kann hier Herr Sczudlik vom Jobcenter Siegen-Wittgenstein einige Fakten in Sachen Sanktionen in der Grundsicherung geraderücken, so dass die allein von Kapitalinteressen geleiteten Argumente des MIT-Vertreters fast vollständig in sich zusammenfallen.

Dazu Dirk Jakob, Geschäftsführer für den Kreisverband DIE LINKE. Siegen-Wittgenstein: „Sanktionen treffen vor allem die Schwächsten: Menschen mit wenig Bildung werden häufiger sanktioniert als Menschen mit hoher Bildung. Besonders häufig werden junge Menschen unter 25 Jahre sanktioniert.

Sanktionen im Bereich der Grundsicherung bedeuten regelmäßig eine Unterschreitung des ohnehin kleingerechneten Existenzminimums. Dies widerspricht dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Die Sanktionsregeln und deren Praxis nehmen mit der Kürzung der ohnehin zu geringen Leistung Verschuldung, Existenznöte, soziale Isolierung und eine Verschlechterung der Gesundheit in Kauf.

Sanktionen sind Ausdruck einer Ideologie, wie sie im Motto vom Fordern und Fördern deutlich wird. Die Behauptung einer angeblich notwendigen Aktivierung unterstellt, dass Erwerbslosigkeit vor allem mit Verhaltensänderungen der Betroffenen bekämpft werden könne. Es wird suggeriert, dass es allein in ihrer Hand läge, ihre Erwerbslosigkeit zu beenden. Strukturelle Probleme am Arbeitsmarkt, Betriebsschließungen usw. werden ignoriert. Das soziale Problem Massenerwerbslosigkeit wird zu einem Ergebnis individuellen Fehlverhaltens umgedeutet. Arbeitsuchende werden drangsaliert, keine hohen Ansprüche zu stellen, sondern niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen zu akzeptieren.“

Jakob weiter: „Für die berufliche Eingliederung der sanktionierten Menschen sind Sanktionen kontraproduktiv: Nicht nur, weil das Vertrauen zu den Jobcentern und den Vermittlern leidet. Sondern auch, weil sie Menschen in schlechte, nicht nachhaltige Jobs drängt. Die meisten Sanktionierten befinden sich kurz nach einer Sanktion nur in einer niedrig entlohnten Beschäftigung. Mehrere Jahre nach einer Sanktion werden sie schlechter bezahlt, haben seltener einen Beruf, der ihrer Qualifikation entspricht, und sind häufiger arbeitslos als andere Personen, die nicht sanktioniert wurden. All dies scheint Herrn Klaas nicht zu interessieren oder er bewusst aufrechterhalten zu wollen. Daher fordern wir die unbefristete Abschaffung aller Sanktionen in den Grundsicherungssystemen.“