Haushaltsrede zum Haushalt 2018 der Stadt Netphen

Rat Netphen, Ekkard Büdenbender

Sehr geehrte Damen und Herren

Ich fasse mich dieses Jahr recht kurz, die Situation erscheint doch recht vertraut. Der vorgelegte Haushaltsentwurf steht nicht im Verdacht in unverantwortlicher Weise Steuergelder zu verschwenden. Im Gegenteil, in einer Zeit, in dem der Bund einen Milliardenüberschuss feiert, feiern wir es bereits als große Leistung, wenn wir unsere Schulen vor dem Verfall bewahren können. Ich kann noch immer nicht nachvollziehen, wie die Parteien, die hier unsere Lage seit Jahren beklagen, in Bund und Land die Voraussetzungen dafür schaffen, dass rund 90 % der Kommunen im Land trotz Sparpolitik keinen ausgeglichenen Haushalt vorweisen können.

Immerhin gelingt es uns jetzt mehrere Millionen Euro in unsere Freizeiteinrichtungen zu investieren. Wir könnten zwar darüber diskutieren, ob Freizeit wirklich das Notwendigste ist, wohin wir unser Geld und unsere Aufmerksamkeit lenken sollten, ob das Motto: „Hauptsache Ihr habt Spaß“, wirklich oberste Priorität haben sollte. Aber eine knappe Mehrheit hat sich dafür entschieden, da sie unsere Stadt nicht nur verwalten, sondern auch gestalten wollte. Wir sollten daher jetzt nicht den Fehler machen, Gutes schlecht zu reden, sondern sollten gemeinsam alles tun, um dem Freizeitpark zum Erfolg zu verhelfen.

Genauso wenig sollten wir aber auch Schlechtes gut reden. Dass wir nicht in der Lage waren, die Diskussion über die Zukunft des Sportparks öffentlich zu führen, zeigt ein großes Defizit auf. Wir haben keine Strukturen, keine Konzepte, um zumindest bei solchen Themen alle mit ins Boot zu holen.  Wir haben unser Konzept weder mit dem Kreis, den umliegenden Kommunen, noch mit der eigenen Bürgerschaft abgesprochen.

Dabei wäre dies eine hervorragende Möglichkeit gewesen, alle Interessierten miteinzubinden, öffentlich darüber zu reden, welche Bedingungen bestehen, was möglich sein könnte, was sich wer in Netphen als Freizeiteinrichtung wirklich wünscht.

Seit Jahren subventionieren wir allein unser Freizeitbad mit rund 750.000 Euro pro Jahr, errichten jetzt eine Trampolinhalle und hoffen sogar unsere Eissporthalle neu errichten zu können. Uns allen ist bewusst, dass uns der Sportpark noch viel Geld kosten wird. Ein ansprechendes Freizeitangebot, das Netphen lebenswerter werden lässt, scheint Vielen diese Summe aber wert zu sein. Denn wer verhindern möchte, dass Menschen und Unternehmen die Stadt verlassen, muss die Kommune attraktiv, also aktiv und lebendig erhalten.

Aber auch moderne Entscheidungsstrukturen, die Möglichkeit sein Umfeld, seine Stadt mitgestalten zu können, sind immer wichtiger werdende Voraussetzungen für eine lebendige Stadt. Wenn wir aktiven, innovativen und zukunftsorientierten Menschen und Unternehmen eine Heimat geben wollen, müssen wir die Rahmenbedingungen modernisieren.
Die Entwicklung unserer Gesellschaft zu einer zukunftsfähigen Gemeinschaft, die miteinander die Herausforderungen der stetigen Veränderungen annimmt, über Lösungen diskutiert und entscheidet, gibt es aber genauso wenig geschenkt, wie eine Trampolinhalle.

Die Menschen wollen heute mitreden und mitentscheiden, Sie wollen sich einbringen, sie wollen Verantwortung übernehmen. Sie erwarten von der Politik, sie erwarten von uns, dass wir ihnen ermöglichen ihr Potential einzubringen. Potential, das wir dringend brauchen, gerade in Zeiten, in denen große Herausforderungen auf knappe Kassen stoßen.
Viele Städte sind uns schon vorausgegangen, viele haben bereits eigene Beauftragte zur Entwicklung von Beteiligungsformen eingestellt. Sie haben erkannt, dass Weiterentwicklung nicht einfach passiert, kein Zustand ist, sondern ein Prozess, der in Gang gebracht werden muss, der Phantasie und Mut erfordert.

Wenn wir junge Menschen in der Stadt halten wollen, müssen wir ihnen die Möglichkeit geben, die Stadt auch zu ihrer Stadt zu machen. Wir sollten ihnen einen eigenen Etat anvertrauen, damit sie die Grundlagen schaffen können für eine Stadt, die sie nicht verlassen wollen, weil sie Teil der Stadt sind und weil die Stadt Teil von ihnen ist.  

Ich habe bereits vor zwei Jahren einen Fond vorgeschlagen, aus dem Projekte finanziert werden können, die der gesellschaftlichen Entwicklung dienen. Ich hatte damals angeregt 1% unseres Budgets den ehrenamtlichen Initiativen und Netzwerken zur Verfügung zu stellen, um deren Engagement für unsere Stadt zu unterstützen.

Jetzt schlage ich vor, zumindest 10% der Summe, mit der wir jedes Jahr unser Schwimmbad unterstützen, in einen Fond einzuzahlen, der dazu dient, demokratische Beteiligungsformen zu entwickeln, die zu Netphen passen.  Gesellschaftliche Entwicklung findet auf jeden Fall statt. Es ist nur die Frage, ob sie wohlüberlegt geschieht, oder in der Stimmung von Protest und Frustration.