„Istanbul Konvention“ in Siegen-Wittgenstein umsetzen

DIE LINKE. Kreistagsfraktion Siegen-Wittgenstein

Anfrage gemäß § 3 Abs. 1 GO KT zur Sitzung des Ausschusses Soziales, Gesundheit und Bevölkerungsschutz am 7. Juni 2023

Sachdarstellung:

Am 1. Februar 2018 trat das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die sogenannte Istanbul Konvention in Kraft und am 11. Mai 2023 wurde im EU-Parlament der europaweiten Ratifizierung zugestimmt.

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Mit Inkrafttreten des Übereinkommens verpflichtet sich Deutschland auf allen Ebenen alles dafür zu tun, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten und Gewalt zu verhindern. Gewaltformen sind z. B. sexuelle Belästigung, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Stalking, digitale Gewalt, Frauenhandel, Prostitution, Gewalt wg. sexueller Identität, Upskirting, Gewalt wegen Herkunft und/oder Hautfarbe. Die deutschen Vorbehalte gegen die Istanbul Konvention sind im Februar 2023 ausgelaufen und nun gilt die Konvention uneingeschränkt. Bundesfrauenministerin Paus sagt dazu:

„Endlich setzt Deutschland die Istanbul Konvention ohne Wenn und Aber um.“*

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 113 Frauen von ihrem (Ex-)Partner getötet und 115.342 Frauen waren von Partnerschaftsgewalt betroffen (Quelle: BKA), d. h. jede Stunde erleiden durchschnittlich 13 Frauen Gewalt in der Partnerschaft. Neben der Prävention sichert die Umsetzung der Istanbul Konvention Schutzräume zu und zwar auf 10.000 Einwohner*innen soll ein Familienplatz sein.

Der GREVIO Report (GREVIO ist der Expert*innenausschuss des Europarates zur Umsetzung der Istanbul Konvention) vom Oktober 2022 bemängelt, dass alle Bundesländer hinter dieser Empfehlung zurückbleiben. Zudem gibt es Probleme bei den Qualitätsstandards in Bezug auf Räumlichkeiten, Personal und Betrieb.

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Hierzu und zu dem erfolgten mündlichen Bericht zur Arbeit und Finanzierung der Frauenhäuser vom 13. Juni 2019 (Drucksache 100/2019) im Kreissozialausschuss möchte die LINKE-Kreistagsfraktion folgende Fragen stellen:

  1. Wie stellt sich die Entwicklung der Finanzierung und der Personalsituation der Frauenhäuser heute dar?
  2. Welche Frauen haben Anspruch auf einen Platz und wie wird sich die Istanbul Konvention, die eine diskriminierungsfreie Versorgung fordert (hinsichtlich Frauen aus dem Nicht-EU-Land, Migrantinnen mit Wohnsitzauflage, Studentinnen, Schülerinnen, Auszubildende, Frauen ohne gesicherten Aufenthalts- oder Sozialstatus), auswirken?
  3. Erfüllt der Kreis Siegen-Wittgenstein die Vorgabe der Istanbul Konvention bzgl. der Schutzraumanzahl in Frauenhäusern (auf 10.000 Einwohner*innen = 1 Familienplatz)?
  4. Wie viele Frauen/Familien wurden in den letzten Jahren aufgenommen und wie lange war die Aufenthaltsdauer? Wie viele Frauen/Familien wurden abgewiesen und warum? 
  5. Gibt es im Kreis eine Evaluation von Ursache und Ausmaß der Gewalt an Frauen sowie Wirkung der bisher vorhandenen Schutz- und Präventionsmaßnahmen im Sinne der Konvention? Wenn nicht, gibt es eine übergeordnete Stelle, die diese Daten erfasst?
  6. Gibt es die Broschüre „Hilfe bei häuslicher Gewalt“ in verschiedenen Sprachen, in einfacher Sprache und/oder als pdf-Format für z. B. Sehbehinderte?

*Quelle: internet bmfsfj.de/aktuelle Meldung, 28.10.2022