Kreishaushalt 2024: Streichkonzert der neoliberalen und rechtskonservativen Kräfte
Bei Haushaltsdebatten hatten wir schon vieles erlebt, aber die Darbietungen einer aus 6 Fraktionen bestehenden „Wertegemeinschaft“ haben alles bisherige in den Schatten gestellt. Am Vorabend der Sitzung am 9.2.24 ist ein Papier mit Kürzungsvorschlägen und einer Ablehnung des vom Landrat vorgestellten Stellenplans bekanntgeworden, dessen Auswirkungen in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht vollständig zu erfassen waren und bei den Kürzungen wussten offenbar selbst einige der Verfasser nicht, welche Folgen ihr Abstimmungsverhalten haben würde. Unserem Antrag, die Abstimmung über den Haushalt auf den 15. 3. 2024 zu verschieben, damit mehr Zeit für eine intensive Beratung bleibt, wurde abgelehnt – es sollte gekürzt werden, ohne auf die Folgewirkungen Rücksicht zu nehmen.
Jetzt kann man natürlich bei den Ausgaben geteilter Meinung sein, da hatte der Landrat selbst schon Vorschläge unterbreitet und damit den Haushaltsentwurf an mehreren Stellen verändert. Das ging der „6er-Bande“ aber nicht weit genug, jetzt fallen die Wirtschafts-förderung und der Tourismusverband dem Rotstift zum Opfer, ebenso der Zuschuss für die Trägerverbände der Freien Wohlfahrtspflege und die Kooperation mit den Hochschulen wird ab sofort nur noch in Sonntagsreden, nicht aber mit finanzieller Anerkennung z. B. von herausragenden Studienleistungen, gewürdigt. Die Zuschüsse für die Wohlfahrtsverbände sind nach unserer Auffassung auch eine Anerkennung für das Engagement der vielen Menschen, die sich ehrenamtlich in den unterschiedlichsten Feldern der Sozial- und Jugendpolitik einbringen und die bei den vielen gesetzlichen Veränderungen in diesen Bereichen Rat und Unterstützung brauchen. Gestrichen wurden auch die Zuschüsse für die im Kreishaus eingerichtete Großtagespflegestelle, die die Vereinbarkeit von Familienarbeit und Berufstätigkeit fördern und die Attraktivität der Arbeit in der Kreisverwaltung fördern sollte.
Beim Stellenplan ging die „6er-Bande“ offenbar von dem Grundsatz aus, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kreisverwaltung nicht genug zu tun haben und man daher neue Aufgaben nicht mit neuem Personal „unterfüttern“ müsste. Statt der vom Landrat beantragten Aufstockung um 21,5 Stellen, wird es 2024 nur 5 neue Stellen geben und nur 2 davon sind auch im Vorschlag des Landrats enthalten. Selbst eine vom Land NRW geförderte Stelle im Bereich „Netzwerk Kinderschutz“ soll nicht kommen und die Pflichtaufgabe, Verfahrenslotsinnen/Verfahrenslotsen einzusetzen, soll vom vorhandenen Personal geschultert werden. Mag ja sein, dass vielen Kreistagsmitgliedern die Personalausstattung im Jugendamt nicht hinlänglich bekannt ist, aber nochmal drüber nachzudenken hätte gerade in diesem sensiblen Bereich niemandem geschadet. Wie die Fraktion von Bündnis‘90/Die Grünen ihren Wählerinnen/Wählern die Nichtgenehmigung der Stellen im Jugendamt sowie die für eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren bei der Errichtung von Windenergieanlagen und bei der Umsetzung des Radwegekonzeptes vorgesehen waren erklären will, bleibt ihr Geheimnis.
Nochmal: wir bedauern, dass keine Zeit eingeräumt wurde, sowohl über die Sparvorschläge des Landrates als auch der „6er-Bande“ in Ruhe nachzudenken und sich über die Folgewirkungen von Entscheidungen Klarheit zu verschaffen. Die jetzt verabschiedeten Hebesätze für die Allgemeine und die Differenzierte Kreisumlage lassen für die Haushalte der kommenden Jahre wenig Gutes erwarten, zumal auch noch die in der Corona-Krise auf einen Zeitraum ab 2026 verschobenen Kosten bedient werden müssen.