Linke treffen Kreislandwirtin
Die Kreistagsfraktion DIE LINKE Siegen-Wittgenstein hat sich zu einem Austausch mit der neuen Kreislandwirtin Katharina Treude aus Birkefehl getroffen. Die 37jährige Landwirtin vertritt ehrenamtlich etwa 120 Vollerwerbs-und 480 Nebenerwerbslandwirt*innen in der Landwirtschaftskammer. Sie sieht sich selbst als Bindeglied zwischen Landwirtschaftskammer und Landwirt*innen und möchte gerne durch Gespräche das Bild der Landwirtschaft schärfen. Ihre Aufgabe ist es, nach eigener Angabe, dem Anliegen der Landwirt*innen Gehör zu verschaffen und Sprachrohr der heimischen Landwirtschaft zu sein. Die Landwirtschaftskammer berät und ist die Selbstverwaltung der Landwirtschaft.
90% der landwirtschaftlichen Fläche im Kreis sind Grünland in überwiegend konventioneller Nutzung. 32% der Betriebe betreiben Ökolandbau oder haben ihren Betrieb extensiviert. Ihr eigener Hof beherbergt 140 Milchkühe, die inzwischen von einem teuren Melkroboter versorgt werden. Doch trotz dieser Entlastung hat sie keinen 8-Stunden-Tag und auch nachts, Sonn-und Feiertags ist sie im Einsatz. Schwierig ist für die Landwirtin besonders die fehlende Planungssicherheit in den gesetzlichen Vorgaben und den Milchpreisen. Bei einer jährlichen Produktion von 1,3 Millionen Liter kommt eine Selbstvermarktung nicht in Frage und der aktuelle Abnahmepreis deckt nicht die Kosten. Landwirtschaftlichen Betrieben ist es meistens nicht möglich einen Preis für ihre Erzeugnisse festzulegen. Lieferzertifikate müssen beim Abnehmer erworben werden und ein Wechsel der Molkerei wird somit erschwert.
Ihre Kritik richtet sich an die wenigen Discounter, die letztlich durch ihre Preispolitik mit Dumpingpreisen selbst Gewinne einfahren, aber nicht kostendeckend zahlen. Auch höhere Ansprüche an die Haltungsform gehen oft nicht mit einer Preissteigerung durch den LEH einher. Hier wünscht sie sich mehr Regulation durch die Bundespolitik und dass nicht wenige Käufer auf dem Markt den Preis bestimmen. Die Zusammenarbeit mit der biologischen Station Siegen-Wittgenstein hebt sie positiv hervor. Auch konventionelle Betriebe könnten sich so im Bereich Naturschutz engagieren. Auf Nachfrage gibt sie an, dass die Problematik des Agrar-Diesels nicht vorrangig ist, sondern eher symbolisch für viele Probleme in der Landwirtschaft steht. Der Verzicht von Pflanzenschutzmittel würde durch mechanische Bodenbearbeitung kompensiert und somit durch mehr Sprit und E-Traktoren seien noch nicht verfügbar. Die Idee einer eigenen Bio-Gasanlage durch Gülle findet sie gut, meint jedoch, dass sich das erst ab ca. 200 Kühen rechnet. Dennoch sollten Biogasanlagen grundsätzlich mehr gefördert werden, zumal diese als lokaler Wärmeproduzent interessant wären. Photovoltaik-Anlagen auf Grünflächen sieht sie jedoch kritisch, da häufig diese Flächen nur gepachtet seien. Durch diese Nutzung können Pachtpreise steigen und seien dann nicht mehr erschwinglich für Landwirt*innen. Statt Freiflächen-Photovoltaik ist für Frau Treude Agri-PV sinnvoller, wenn dies möglich ist. Von der Politik wünscht sie sich insbesondere einen Bürokratieabbau, Alternativen zum Agrar-Diesel, Investitionsförderungen und Planungssicherheit.
Der Austausch hat gezeigt, dass Landwirt*innen starker Regulation unterliegen und der herrschende Markt besonders auf Produktion zu Niedrigpreisen ausgelegt ist. Ökologische Faktoren, Nachhaltigkeit, Tierwohl und Fairness sind immer noch untergeordnete Aspekte mit Nischendasein. Frau Treude wünscht sich einen Umbau der Tierhaltung, sieht aber auch die fehlende politische Unterstützung, um solche Missstände konsequent abzuschaffen.
Wir bedanken uns für ein angenehmes, offenes und sehr informatives Gespräch. DIE LINKE Kreistagsfraktion Siegen-Wittgenstein steht für weiteren Austausch gerne zur Verfügung und wünscht Frau Treude, ihrer Familie und ihrem Betrieb für die Zukunft alles Gute.