Keine Alternative!

DIE LINKE. KV Siegen-Wittgenstein

Mit Sorge beobachtet DIE LINKE. Siegen-Wittgenstein die zunehmende extremistische Positionierung der AfD im Kreis. Mit zahlreichen Äußerungen und Handlungen ist der hiesige Kreisverband Teil eines Radikalisierungsprozesses, der bundesweit - nicht zuletzt auf dem Parteitag in Magdeburg - zum Vorschein kommt.

Im Jahr 2016 etwa hat der jetzige AfD-Kreistagsfraktionsvorsitzende C. Zaum in seiner Funktion als Lehrer am Privatgymnasium Schloss Wittgenstein Schüler*innen nach Marburg zu seiner pflichtschlagenden Burschenschaft Rheinfranken eingeladen. Dieser Burschenschaft gehören Leute wie Armin Allmendinger an, der auch für die NPD und die rechtsextreme Identitäre Bewegung aktiv war.[1] Laut Verfassungsschutz ist das Geschichtsbild der Burschenschaft „geschichtsrevisionistisch und antisemitisch“ geprägt.[2] Dies ist gleich doppelt brisant. Zum einen ist Zaum Geschichtslehrer und zum anderen Beamter, dem eine besondere Treuepflicht gegenüber der Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung obliegt. Trotz dieses schwerwiegenden Vorfalls durfte er weiter im Schuldienst tätig sein. 

Im April 2022 ließ sich die gesamte Kreistagsfraktion der AfD (Stephan, Zaum, Steffe) mit Maximillian Krah ablichten, der als Anwalt der Pius-Brüderschaft u.a. für den Holocaustleugner Richard Williamson tätig war. Krah ist Anhänger des völkischen Flügels und laut Verfassungsschutz Unterstützer des als gesichert rechtsextremen und verfassungsfeindlichen geltenden  „Ein Prozent“.[3] Im Juni 2019 äußerte eben jener Krah: „Wir schießen den Weg frei. Es gibt nur uns – ansonsten geht alles den Bach runter.“[4] Als Spitzenkandidat für die Europawahl bedient er sich verschwörungstheoretischen Aussagen und äußert, dass „echte Männer“ rechts seien, dann „klappt es auch mit der Freundin.“[5] Völlig abstruse Äußerungen, die zeigen, in welcher kaputten rechten ideologischen Blase die AfD sich bewegt. 

Im Juni 2022 ließen sich die Kreistag-und Stadtratsmitglieder Stephan und Steffe beim Bundesparteitag in Riesa mit dem Hetzer und Faschisten Höcke[6] und dem Hau-drauf des Bundestags Brandner fotografieren. Mit diesem Foto wird die unverhohlene Sympathie für völkische und rechtsextreme Ideen deutlich zum Ausdruck gebracht. 

Regine Stephan, ehemals CDU-Mitglied[7], hat 2018 für das rechtsextremistische Blatt Compact einen Gastbeitrag geschrieben, in dem sie u.a. folgendes veröffentlichte: „Wir haben ja dann bei den Hippies der USA und anderswo in den 60er Jahren die praktische Umsetzung des Neomarxismus erleben können und die Einflüsse in der Frauenbewegung bis heute sind ja unübersehbar. Den wenigsten Frauen heutzutage ist ja bewusst, dass ihre Anstrengungen um Gleichheit, Freiheit und Selbstverwirklichung nur geschickt getarnte kommunistische Parolen sind, um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, den „Kampf gegen das Bestehende“(Horkheimer) auf allen Ebenen zu führen."

Im Jahr 2023 spaltet sich die AfD im Stadtrat Siegen.[8] Es wird bekannt, dass Reichsbürgerideen und Kontakte zur rechtsextremistischen Splitterpartei 3. Weg (damals noch in der Schlachthausstraße) den Vorsitzenden des AfD Kreisverbandes bekannt sind und geduldet werden. Es handelt sich hierbei um eine Aussage des AfD Stadtratsmitgliedes Schwarzer, ehemaliger Landessprecher AfD NRW.

Beim Kreisparteitag in Siegen Ende Mai 2023 wurde ein anwesender Pressevertreter ausgeschlossen. Scheinbar kann die regionale AfD ihren offensichtlichen Richtungsstreit nur geheim austragen und sperrt mit der Presse auch die Öffentlichkeit aus. Da Parteien allerdings eine öffentliche Aufgabe wahrnehmen, ist dieser Vorgang bezeichnend für das Demokratieverständnis für die AfD. Die „Wahrheit“ wird sich eben am liebsten selbst zurecht gebastelt in der anschließenden eigenen Pressemitteilung. Tagungsleiter dieses geheimen Zirkels war der eingeladene Bundestagsabgeordnete M. Helferich[9], der unverforen seine rechtsextreme Haltung zeigt und sich selbst als das „freundliche Gesicht des NS“ oder als „demokratischen Freisler“[10] (Zitate Helferich) bezeichnete. Freisler war übrigens in der Nazizeit als Präsident des Volksgerichtshofs für über 2000 Todesurteile verantwortlich.

Helferich war auch Gastgeber des Russland-Ukraine-Symposiums, an dem Zaum und Steffe am 24.06.23 in Dortmund/Dorstfeld teilnahmen. Die Junge Alternative NRW hat in das Büro  des  Helferichs eingeladen. Im Vorfeld der Veranstaltung wurden Fotografen angepöbelt und öffentlich der Hitlergruß gezeigt. Die Junge Alternative galt bis Juni als gesichert rechtsextremistische Bewegung. Die Einstufung wurde aber wegen eines Eilantrags der AfD vorläufig ausgesetzt, bis das Verfahren beendet ist. 

Eingeladen waren Tillschneider (Landtagsabgeordneter Sachsen-Anhalt), der sich als  prorussischer Vertreter outet und Beckamp (MdB). Bei dem Satz „Der 8. Mai war kein Tag der Befreiung“ und Hinweis auf die „Schuldkult“ gab es Applaus aus dem Publikum. Tillschneider war vor kurzem in Russland und äußerte „Syrien ist auf einem guten Weg“. Er bezeichnet sich als „Befreiungsnationalist“. Weiterhin äußert er „Wie geht man mit der Vergangenheit um? Es ist die Frage, ob man sich von ihr belasten lässt oder ob man sich entlastet.“ Er findet, dass „wir uns von solchen Fragen hysterisch machen lassen“. Deutschland wird von den Rednern als „besetztes Land“ gesehen, Diktatoren und Verbrecher wie Idi Amin, Assad, Lukaschenko, Gaddafi wohlwollend beurteilt.  Wohlgemerkt: hier sitzt ein noch tätiger Geschichtslehrer im Publikum[11]

Insbesondere die Aussage, dass der 8. Mai kein Tag der Befreiung war und es keine Berührungsängste zu einem für einem  Holocaustleugner tätigen Anwalt gibt, lassen den Besuch des Kreistagsmitglied Steffe in der jüdischen Gedenkstätte Yad Vashem heuchlerisch und unwürdig erscheinen. Der 8. Mai 1945 hat für Deutschland und die Überlebenden in allen KZs Freiheit und Hoffnung gebracht. Der Faschismus mit seinen unvorstellbaren, unmenschlichen Auswüchsen war beendet. Es ist unmöglich, einerseits von einem sogenannten Schuldkult zu sprechen und andererseits aufrichtig und ehrlich um die Opfer der Shoah und die Widerstandskämpfer*innen im Dritten Reich zu trauern. Wer eine Umkehr im Umgang mit der deutschen Vergangenheit fordert, fordert das Vergessen. Genügend Aussagen der AfD belegen mittlerweile die Weiterführung faschistischen, rechtsradikalen Gedankenguts und somit die Verachtung der Menschen, die aus antisemitischen, politischen, rassistischen Gründen Opfer des Holocaust wurden.

Das nehmen wir nicht widerspruchslos hin. Es kann keine Toleranz oder Annäherung an die AfD geben - auch nicht in kommunalen Gremien. Die angeführten Beispiele zeigen wie sehr die menschenverachtende und zerstörerische Gesinnung diese Partei bis zur unteren Gliederungsebene durchdringt. Wir bleiben weiterhin wachsam und appellieren an alle Mitbürger*innen, die einfachen populistischen Phrasen der AfD zu hinterfragen und verantwortungsvoll mit unser aller Zukunft zu sein. 


[1]dserver.bundestag.de/btd/19/067/1906760.pdf

[2]www.op-marburg.de/lokales/marburg-biedenkopf/marburg/prueffall-afd-rechte-burschen-und-eine-wut-rede-UO55LAXUFGDOU3JPWFX3FIXX4E.html

[3]taz.de/Rechtes-Netzwerk-Ein-Prozent/!5484724/

[4]www.fr.de/politik/hetze-gegen-walter-luebcke-volksschaedling-wurde-jetzt-hingerichtet-zr-12525784.html

[5]www.deutschlandfunk.de/afd-europa-kommentar-100.html

[6]www.volksverpetzer.de/analyse/25-krasse-hoecke-zitate/

[7]www.derwesten.de/staedte/dortmund/tabubruch-in-dortmund-cdu-ratsfrau-stimmt-mit-der-npd-fraktion-und-liefert-eine-seltsame-erklaerung-id213882779.html

[8]www.wp.de/staedte/siegerland/siegen-afd-zoff-eskaliert-rote-linie-ist-ueberschritten-id238699773.html

[9]www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/dortmund-rechtsextreme-kontakte-des-bundestagsabgeordneten-matthias-helferich-100.html

[10]www.mopo.de/news/politik-wirtschaft/dieser-mann-ist-selbst-fuer-die-afd-zu-rechts/

[11]recherche-nord.com/gallery/2023.06.24.DO.html