Pressemitteilung

Thorsten Fischer, OV Wittgenstein

„Die AfD liefert zwar die falschen Antworten, aber sie stellt zumindest die richtigen Fragen“, so der Vorsitzende der NRW-SPD Sebastian Hartmann bei einer Pressekonferenz in Siegen. Dabei wurde er sekundiert vom SPD-Unterbezirksvorsitzenden Heiko Becker und dem SPD-Kandidaten für die Europawahl Steffen Löhr.

Die Linke in Wittgenstein ist anderer Meinung. Denn die Fragen, die die AfD in den Parlamenten von Bund und Ländern in Form von kleinen und großen Anfragen tatsächlich stellt betreffen weit überwiegend den Themenbereich „Flüchtlinge, Migration und Asyl“. Bis Mitte 2018 legte die AfD im Bundestag und in den verschiedenen Landtagen 291 Anfragen und Anträge allein hierzu vor. Alle anderen Themenbereiche kommen gar nicht oder viel seltener vor bzw. sie werden mit dem genannten Hauptthema irgendwie verknüpft. Die AfD fragt dabei nach Kosten für Flüchtlinge, nach „Verdrängung“ von Altmietern durch wohnungssuchende Einwanderer, nach ihren Kriminalitätsraten (insbesondere nach Sexualstraftaten), nach ihren Verbindungen zum islamistischen Terrorismus und zum muslimischen Antisemitismus und auffallend oft nach dem Zusammenhang von Flüchtlingseinwanderung mit Krankheiten, Seuchen und Epidemien. Auf diese Weise kommen Flüchtlinge einerseits ausschließlich als Träger von negativen und gefährlichen Eigenschaften in die politische Diskussion. Andererseits werden Vielfalt und Unterschiedlichkeit von hunderttausenden von Menschen auf ihren (vorübergehenden) Status als Flüchtling reduziert. In der öffentlichen Wahrnehmung soll nach dem Willen der AfD dann die Verknüpfung zwischen dem so hergestellten Kollektiv und den ins Spiel gebrachten Negativsymbolen erfolgen und entsprechend abwehrende Gefühle erzeugen. Neudeutsch nennt man das „framing“, also die semantische Einrahmung eines Themas. Über gezielte Begriffsverbindungen werden gedankliche Assoziationen in Gang gesetzt, die wiederum bestimmte Gefühle aktivieren und damit die Verbindung von beiden tiefer verankert. Um die infame Manipulationsabsicht solcher Fragen zu erkennen, müsste man in einem Gedankenexperiment einfach nur die Frage stellen, wie es wäre, wenn man das Objekt der Fragen austauscht und „Flüchtlinge“ z.B. durch „Sozialdemokraten“ ersetzt. Holla! Haben wir jetzt eine richtige oder eine falsche Frage gestellt? Ist diese Unterscheidung überhaupt möglich? Sollte es nicht erlaubt sein, jede Frage zu stellen, zumal in einer Demokratie? Eine Antwort darauf findet man schon in der Bibel: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf. Niemand suche das Seine, sondern was dem anderen dient.“ (1. Korinther 10, 23-24).

Also: Dass man eine Frage stellt ist erlaubt. Aber wie man sie stellt ist eine Frage von Moral und Ethik. Folgt eine Frage in ihrer Abfassung einer antihumanen Moral, dann ist auch sie antihuman. Unser deutsches Grundgesetz folgt einer humanistischen Moral, weil es alle Menschen als gleich ansieht. Gleich an menschlicher Würde und gleich an Menschenrechten. Wer wie die AfD zwischen Menschen mit mehr Würde und Rechten und Menschen mit weniger Würde und Rechten unterscheidet und daraus Fragen ableitet, der stellt zwar keine „falschen Fragen“, aber er stellt die Fragen falsch. Und wer auf falsch gestellte Fragen „Gegenantworten“ gibt, der geht der AfD auf den Leim, weil er auf dem Spielfeld spielt, dass sie für ihn aufgebaut hat.