Pressemitteilung

OV Wittgenstein

DIE LINKE. OV Wittgenstein machte die Berleburger Bürgerinnen und Bürger am letzten Sonnabend durch einen Informationsstand mit ihrer bundesweiten Kampagne gegen den Pflegenotstand in den deutschen Kliniken und Pflegeeinrichtungen bekannt. In der Krankenpflege fehlen bis zu 100.000 Pflegekräfte, in der Altenpflege 40.000 Pflegekräfte. Die Arbeitsbelastung der Beschäftigten, von denen 85% weiblich sind, ist in den letzten Jahren massiv gewachsen. Ihr Arbeitsalltag ist oft von Zeitmangel und zu hoher Arbeitsverdichtung geprägt. Eine repräsentative Befragung der Pflegekräfte von ver.di und DGB brachte jüngst an den Tag, dass viele sich abhetzen müssen und dies zulasten der Arbeitsqualität, d.h. der Patienten geht. Dabei kann der Arbeitsalltag häufig nur deshalb aufrechterhalten werden, weil viele von ihnen einen hohen idealistischen Anspruch an ihre Arbeit haben und immer wieder spontan einspringen, länger arbeiten oder Zusatzaufgaben mit erledigen. Das geht oft an ihre gesundheitliche Substanz mit der Folge von Überlastungen und Erkrankungen, die wiederum durch die Kolleginnen aufgefangen werden müssen und erneut zu Mehrbelastungen führen. Ein Teufelskreis also. Kein Wunder, dass sich nur 23% der befragten Krankenpflegekräfte vorstellen können, ihre Arbeit bis zur Rente durchzuhalten.

Eigentlich sollten diese untragbaren Zustände durch die vollmundig von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigte und zum 11. Oktober in Kraft gesetzte Verordnung über Pflegepersonaluntergrenzen beendet werden. Doch dieses Gesetz ist eine Mogelpackung. Ähnlich wie beim Diesel-Skandal, der Bildungsmisere, der Kita-Betreuung, der Wohnungsnot, der wachsenden relativen Armut und anderen politisch herbeigeführten sozialen Krisenerscheinungen wird hier eine Lösung des Problems nur vorgetäuscht. Die Verordnung gilt nämlich nur für vier Bereiche der Krankenpflege (Intensivmedizin, Geriatrie, Unfallchirurgie, Kardiologie). Der überwiegende Rest geht leer aus. Schlimmer noch. Selbst in diesen vier Bereichen bezieht sich die neue Personaluntergrenze nur auf das unterste Viertel mit der schlechtesten Personaldecke. Dreiviertel aller Kliniken müssen auf diesen Stationen also gar kein Personal aufstocken, ja könnten hier sogar Personal abbauen. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass genau dieser Fall eintreten wird. Klinikbetreiber werden aus einem Bereich Personal abziehen, um die Minimalvorgaben in einem dieser vier anderen Bereiche zu erfüllen. Es entsteht ein innerklinischer Personal- Verschiebebahnhof, der am Ende keinem nützt, außer der Kosteneinsparung der am Gewinn orientierten Klinikunternehmen. Hinzu kommen noch weitere Einschränkungen des Gesetzes für die diese Unternehmen im Vorfeld gesorgt haben und die dessen ursprüngliche Intention vollends ad absurdum führen. Deshalb sagt die Linke gemeinsam mit ver.di: Weg mit dieser Pseudolösung! Her mit einer Pflegepersonal-Regelung, die sich am tatsächlichen Bedarf der Patienten ausrichtet! Gesundheit ist keine Ware! Der Zuspruch zu unseren Forderungen am Informationstisch war erfreulich hoch. Nicht zuletzt deshalb, weil etliche Passanten eigene negative Erfahrungen als Patient oder als Pflegekraft dazu berichten konnten und schlicht nicht verstehen, warum in einem der reichsten Länder der Welt an guter Pflege gespart wird.