Haushaltsrede zum Haushalt 2015 der Stadt Siegen

Rat Siegen, Martin Gräbener

Es gilt das gesprochene Wort!
Haushaltsrede zur Verabschiedung des Siegener Haushalts 2015 am 18.02.2015
Fraktion DIE LINKE. im Rat der Universitätsstadt Siegen

Ich möchte zu Beginn einen Blick zurück werfen.

In meiner Haushaltsrede für den HH 2013 der Stadt Siegen habe ich folgendes ausgeführt:

Die reinen Zahlen: Weiterhin von einem ausgeglichenen Haushalt weit entfernt, der neue Fehlbetrag gem. der Mitteilung des Kämmerers beträgt 15 Millionen 420 Tausend Euro, eine erneute Verschlechterung um knapp 300.000 Euro.

Um es klar zu sagen: Fast15,5 Millionen neue Schulden. Das war 2013.

Zusätzlich zu den über 165 Millionen Euro Schulden an kurzfristig zu bedienenden Kassenkrediten, ohne die das laufende Geschäft der Verwaltung nicht zu führen wäre. Und auch das war 2013.

Was waren vor 2 Jahren die wesentlichen Ursachen?

V.a. die rückläufigen Gewerbesteuer-Einnahmen, trotz guter Konjunktur gegenüber der Prognose der Kämmerei für 2013  2 Millionen Euro weniger, aufgrund schleppender Zahlungseingänge und sich für 2013 ankündigender Abkühlung der Konjunktur verringerter Kalkulation.

Eine Abkühlung, die von nicht wenigen Wirtschaftsinstituten als Folge der in Europa durchgeboxten Sparpolitik und deshalb in vielen Ländern erlahmender Wirtschafts- und Investitionstätigkeit eingeschätzt wird, und deshalb jetzt anfängt, auf den Exportmeister Deutschland und im Ergebnis auch auf unsere Region zurückschlägt.

Und heute?

Die Folgen der Austeritätspolitik haben sich verstärkt, es gibt eine Deflationsentwicklung mit der Gefahr weiter zurückgehender Investitionstätigkeit, und hinzu kommen die Folgen der weltweiten Krisenentwicklungen und v.a. der Sanktionspolitik vor dem Hintergrund des neuen West-Ost-Konflikts, auch Kalter Krieg 2 genannt, die v. a. die Siegener Industrie durchmassive  Umsatzeinbrüche hart trifft.

Neuverschuldung über 25 Millionen Euro, Kassenkredite über 225 Millionen Euro, dazu dannnoch bei Fälligkeit über 10 Millionen Mehrkosten bei den Fremdwährungsderivaten,der in 2013 angestrebte Haushaltsausgleich für 2017 ist längst Makulatur, und wird auch bei weiterem Verlauf dieser Entwicklungen für 2022 nicht zu erreichen sein.

Sie kennen unsere Position, das die Abhängigkeit der Kommunen wie unsere Stadt von Konjunktur-abhängigen Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen des Landes auf Grundlage einer Datenbasis, die als höchst fragwürdig anzusehen ist, völlig falsch strukturiert ist.

Dazu dann noch die weitgehende Missachtung des Konnexitäts -Prinzips – immerhin ein Prinzip mit Verfassungsrang -  bei der Aufgabenzuweisung an die Kommunen durch Land und Bund – wie soll auf dieser Grundlage jemals eine kommunale schwarze Null geschrieben werden?

Das aktuelle Beispiel der Frage der Kostenübernahme für die Unterbringung und Grundversorgung der nach Siegen zugewiesenen Flüchtlinge, die auf ihrer Flucht nach Deutschland vor Kriegen, Verfolgung, Not und Elend das deutsche Grundrecht auf Asyl beanspruchen, ein aufgrund der deutschen Geschichte im vergangenen Jahrhundert existierendes Grundrecht mit hoher Bedeutung für das demokratische Deutschland, zeigt diesen Widersinn mehr als deutlich auf.

Bei weiterem Verlauf der Flüchtlingszuweisung wie in den ersten Wochen dieses Jahres – undes ist eher angesichts der Entwicklungen mit einer Steigerung zu rechnen – wird den städtischen Haushalt für dieses Jahr mit vorrausichtlich mehr als 3 Millionen Euro zusätzlich belasten.

Davon wird das Land aus den Mitteln des dem Land vom Bund für die Flüchtlingsaufnahme zur Verfügung gestellten Topf vielleicht 20-22% übernehmen.

Dabei geht es hier ganz originär um eine Bundesaufgabe, denn das Grundrecht auf Asyl ist ein Bundesgesetz mit Verfassungsrang.

Wir lehnen eine Politik, die die Lasten der Konsolidierung zum Sparen bei gleichzeitiger Nicht-Einhaltung des Konnexitäts-Prinzips durch Bund und Land bei den Kommunen ablädt, grundlegend ab.

Selbst wenn alle Strukturen der kommunalen öffentlichen Versorgung und Einrichtungen drastisch reduziert würden und ein massiver Abbau der öffentlichen Verwaltungen und des Bürgerservices stattfände, würde eine Entschuldung nicht wirklich greifen. Und wozu brauchtes dann noch eine kommunale Selbstverwaltung, was für eine lebenswerte und halbwegs sozial für die Menschen gestaltete Stadt Siegen wäre das dann noch, für die Menschen in der Stadt, die auf das soziale Gemeinwesen angewiesen sind, weil sie nicht zu den Reichen gehören?

Wie sagte Herr Heupel von der CDU neulich, um auf den aktuellen Versuchsballon in dieser Frage abzuheben, betreffend der Bäder-Kosten:

Selbst wenn alle Schwimmbäder der Stadt Siegen zugemacht würden, würde das an der Haushaltslage der Stadt gar nichts ändern.

Die Kommunen, auch die Stadt Siegen, müssen endlich anfangen, gegen diese Art der Kommunalfinanzierung und Mittelzuweisung durch Land und Bund ernsthaften Widerstand zu leisten, und Sie, meine Damen und Herren der hier im Rat vertretenen Parteien, die im Land und im Bund in den jeweiligen Regierungen sitzen, lassen Sie ihren hehren Worten des Klagens über diese Politik ihrer Regierungen endlich Taten des Widerstands in ihren Parteien folgen.

Es braucht eine grundlegende Politikwende in unserem Land, um das Kaputtsparen und den Ausverkauf der kommunalen Selbstverwaltung und der sozialen Grundversorgung zu stoppen.

Das Herumdoktern an den Symptomen einer grundlegend falschen kommunalen Finanzierungsstruktur wird nichts bringen.Die Betrachtung der Entwicklung der letzten Jahre, deshalb mein Rückgriff auf meine Haushaltsrede von 2013, beweist das.

Die Jamaika-Koalition wird trotz des Wissens um diese Tatsachen den vorliegenden HH-Entwurf 2015 nach der Vogel Strauß-Methode durchwinken, setzend auf das Prinzip Hoffnung, das es vielleicht irgendwann mal besser wird, und im weiteren Verlauf scheibchenweise mit Gebührenanhebungen, Steuerhebesatz –Veränderungen, Personaleinsparungen zu Lasten des Bürgerservice, Schwimmbadschließungen wenn sich die Aufregungen gelegt haben und vielem mehr zu Lasten der Bürger versuchen,  dem Ziel der Haushaltskonsolidierung bis 2022 näher zu kommen.

Bringen wird das alles angesichts der realen Zahlen und Vorraussetzungen nichts.

Aber der Sozialabbau und Abbau der kommunalen Strukturen wird deutlich sichtbar und greifbar werden.Das kann nicht Ziel unserer Politik sein.

 

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